Meine Zeit (19.10.2024)


19.10.2024, DDR-Flüchtling 

Selten zuvor wurde mehr über Migration gesprochen als derzeit. Dabei wird oft kaum differenziert, und es herrscht spürbar ein Klima, welches von Rassismus und Nationalismus im Denken, Sprechen und Handeln bestimmt wird. Grundsätze wie Demokratie und Sozialstaat werden dabei leichtfertig in den Hintergrund gerückt. Die wahre innere Gesinnung der Menschen wird mehr oder weniger offen ausgesprochen. Ein weltweiter Rechtsruck ist deutlich spürbar geworden. 

Das liberalere Zeitalter in Westdeutschland des ausgehenden letzten Jahrtausends im kalten Krieg, ist für immer und unwiderruflich vorbei, wie auch der menschengemachte Klimawandel irreversibel ist. 

Als Mecklenburger mit dem Geburtsort Neubukow nahe der Ostseeküste war ich weniger als ein Jahr alt schon ein Flüchtling mit Ausweis C. Komisch nur, dass selbst in der engeren Verwandtschaft diese Tatsache bestritten wird mit dem Hinweis, dass dies doch etwas anderes gewesen sei. Die eigene familiäre Flucht aus der DDR über Berlin in den goldenen Westen wird somit in ein anderes besonders berechtigtes Licht gerückt, wenn aber doch immer mehr Menschen heute ihre Heimat verlassen, als je zuvor und aus sehr unterschiedlichen Gründen. 

Zwischen politischen Hintergründen für die Migration, wie Krieg, Verfolgung oder Vertreibung, was zum Asylrecht führt, spielen stets jedoch auch die wirtschaftlichen Verhältnisse und Entwicklungsmöglichkeiten für die Kinder mit eine Rolle, auch wenn dies oft nichso gerne zugegeben wird. Wer will denn schon als reiner Armutsflüchtling herablassend eingestuft werden? Jedenfalls konnte ich die Klassenfahrt der Abitursklasse zum Skifahren nach Südtirol aus finanziellen Gründen nicht mitmachen und musste mit einem weiteren Schüler die Woche in einer Parallelklasse verbringen, was allerdings mein großes Latinum gefestigt hat. 

Die DDR kenne ich also eher von Berichten über familiäre Begebenheiten oder mehreren Reisen zur Verwandtschaft mit vorangegangener schriftlicher Behördengenehmigung, also quasi Urlaub auf dem Bauernhof und am Strand vom Salzhaff bei den Großeltern und danach als Tourist unabhängiger und woanders. 

Als Kind schon hatte ich die scharf bewachte Grenze des Eisernen Vorhangs stark verinnerlicht und litt auch darunter. 

Es dauerte lange bis ins hohe Alter, so dass ich endlich die ausgrenzende Haltung der Eingeborenen hier in Baden-Württemberg uns gegenüber begriffen und eingeordnet hatte.  

Und heute noch zieht es meine Ehefrau immer wieder an Nord- und Ostsee, also an das strandorientierte Leben, oder auf eine Insel.  

Nunmehr iRentenalter verblassen die Erinnerungen, aber bei politischen Erörterungen bezüglich des ehemaligen Ostblocks oder Vergleichen mit der ehemaligen DDR kann ich aus erster Hand berichten und gut fundiert mithalten, aber auch im Vergleich zwischen Baden und Württemberg, zumal der Landkreis Böblingen erst 1991 aus beruflichen Gründen vomir aufgesucht worden war. 

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